Nicht weit von Milano werden bei Spotlight seit 1969 Scheinwerfer gebaut. Jetzt ist aus der GmbH eine Kooperative geworden. Ein Firmenbesuch in Italien.
Wer bei Spotlight in San Giuliano anheuert, der geht da so schnell nicht mehr weg. Wie der Lichtdesigner Thomas Nell, der seit über 20 Jahren dabei ist.
Dieser Mann ist kein Verkäufer, aber immer enthusiastisch: Lichtdesigner Thomas Nell von Spotlight an seinem Arbeitsplatz (Fotos: Tom Becker).
Für viele ist er das Gesicht der Firma, weil man ihn auf jeder Messe trifft, und weil er für Interessenten und Kunden als Lichtdesigner der richtige Ansprechpartner ist. Er ist kein Verkäufer oder Marketing-Spezialist und will das auch nicht sein.
Thomas Nell erklärt das so: "Wenn jemand zu Spotlight kommt, kauft er eine Lösung, eigentlich kauft er eine Zusammenarbeit, aber natürlich auch ein Produkt, das mit ISO 9001 Quality-Management gemacht ist.
Das heißt, wenn irgendein Problem auftritt, dann sind wir in der Verpflichtung, zusammen mit dem Kunden eine Lösung zu finden. Das ist eine Zusammenarbeit zwischen Lichtdesigner und Lichtdesigner. Da geht es nicht darum, einfach Produkte zu verkaufen, es geht um Artworks, also darum, gemeinsam miteinander Kunst zu machen.
Wir benutzen unsere Kunst, unser Engineering und unsere Expertise, um dir einen besseren Pinsel zum Malen zu geben. Als Lighting Designer möchte ich mit meiner Lampe, das ist sozusagen ja mein Pinsel, schön und ganz präzise meine Sachen rauszaubern können, so, wie mich das innerlich bewegt. Wenn ich ein Gerät habe, das mir dabei hilft, unterstützt mich das bei meiner künstlerischen Arbeit."
Ein hoher Anspruch für eine kleine Firma, aber genau diese Firmengröße ist auch eine Chance, denn von Spotlight kommen keine Allerwelts-Produkte, die vielleicht nur ein anderes Label tragen als die Geräte, die anderswo aus dem Container geladen werden.
Die Scheinwerfer-Manufaktur: Spotlight in San Giuliano bei Mailand.
"Made in Italy" - das ist schon immer Markenzeichen und selbst gesetzte Aufgabe bei Spotlight, und fast jedes Produkt geht auf die Anfrage einer Bühne oder eines Museums zurück. Und bei vielen dieser Geräte konnte man bei der Entwicklung auf das Wissen und die Neugier der Mailänder Universität zurückgreifen, zu der eine enge Zusammenarbeit besteht.
Studenten, die ihren Master in Lighting Design machen, sind während ihrer Ausbildung regelmäßig bei Spotlight, weshalb die Firma auch ISO-9001-zertifiziert ist für die Ausbildung.
Viele Zulieferer für die Bauteile. Endmontage vor Ort bei Spotlight.
Genau so wichtig ist die Art und Weise, wie bei Spotlight Produkte gemacht werden: Während andere Firmen ihre Wachstumsmöglichkeiten dazu genutzt haben, immer mehr selbst zu produzieren, setzt man bei Spotlight in der Herstellung immer auf Kooperationen.
Wie gut das funktioniert, sieht man anhand der Aluminiumgehäuse: Wenn das Aluminium schmilzt, dann schmilzt der Scheinwerfer. Genau so würde auch der klassische italienische Espressokocher schmelzen, den man auf den Ofen stellt, wäre da nicht das Know-how der norditalienischen Aluminium-Industrie, die das Hitze-Problem längst in den Griff bekommen hat, während man woanders sicherheitshalber auf Edelstahl setzt. Bei Espressokochern wie bei Scheinwerfern.
Genau diese Aluminium-Spezialisten sind es dann auch, die für Spotlight die Rohlinge der Scheinwerfer herstellen, die allesamt aus Aluminium sind.
Den Hyperion von Spotlight gibt es in den verschiedensten Ausführungen, zum Beispiel als 300 TW (Foto: Spotlight).
Andere Firmen in der direkten Umgebung haben sich schon vor Jahren auf Pulverbeschichtungen spezialisiert, und auch das macht man bei Spotlight nicht selbst. Schon deshalb nicht, weil die Umwelt-Auflagen immer strenger werden, solche Investitionen würden sich gar nicht rechnen.
Also gibt man bei Spotlight seine Scheinwerfer zu einem zertifizierten "Lackierer", damit aus den silbernen Gehäusen die schwarzen Geräte werden, die man in Theatern, Opernhäusern, Filmstudios, Kreuzfahrtschiffen, Clubs, Läden und wo auch immer sonst noch unter die Decken hängen möchte.
Hier wird montiert: Fertigung bei Spotlight.
"Wir arbeiten immer mit den Besten", sagt Thomas Nell nicht ohne Stolz, und damit meint er nicht, dass man einfach Bauteile kauft und daraus Lampen baut - es geht wirklich darum, Produktionsschritte als Auftragsarbeiten zu vergeben.
Dabei kommen sämtliche Einzelteile bis hin zu den Schrauben, Muttern, Dichtungen und so weiter aus dem großen Spotlight-Lager, sodass man auch dann für die Qualität garantieren kann, wenn man mit Zulieferern zusammenarbeitet.
Kleinteil-Lager bei Spotlight
Ein weiterer Vorteil: Keiner in der Firma muss alle Prozesse durchschauen, abgesehen vielleicht von dem Produktdesigner, der nicht nur die Entwürfe erstellt, sondern auch die kompletten Pläne inklusive der Stücklisten und der entsprechenden Beschreibungen für die selbstständigen Partner.
Er macht nicht nur das Design jedes neuen Scheinwerfers bei Spotlight.
Das Gute für Spotlight daran ist, dass so das Know-how in der Firma bleibt, während es in vielen anderen Betrieben - auch unter den italienischen Leuchten-Herstellern - immer neue Ausgründungen gibt von ehrgeizigen jungen Mitarbeitern, die sich sagen, "das kann ich doch auch …"
Dies und der gute Umgang miteinander schafft Kontinuität und Zufriedenheit beim ganzen Team, und genau damit ist es Spotlight gelungen, aus der Krise einen Neustart hinzulegen. Kurz und knapp vor Corona.
Gestern GmbH - heute Kooperative
Hier kommt der Geschäftsführer Nicolò Oliva ins Spiel, dessen Sturzhelm-Kollektion im Büro schon zeigt, was neben Spotlight seine zweite Leidenschaft ist, das Motorrad … - aber das ist eine andere Geschichte.
Der alte und neue Geschäftsführer von Spotlight: Nicolò Oliva.
Oliva begann seine Laufbahn bei Spotlight 1989 direkt nach seinem Abschluss als Diplom-Ingenieur und erlebte den Boom der Licht-Branche in den 90er-Jahren und damit auch das Wachstum von Spotlight.
"Wenn es so gut läuft", so Oliva, "kommen da die Aufträge herein, und dort gehen die Pakete raus, und dann stellt man schnell noch zwei Leute für das Lager ein und zwei für die Buchhaltung.
Da gab es Zeiten, da hatten wir hier sechs Leute, die nur Kisten geschoben haben, jetzt schafft das einer …"
Ein Glück für Spotlight, dass dafür auch nur noch einer da ist, nachdem sich der Markt nicht zuletzt durch den Siegeszug der LED völlig verändert hat. Die große Zeit der Halogen-Metalldampflampen geht vorbei und damit auch die der Dimmer-Schränke, der Lüfter und so weiter.
Heute kommen viele Scheinwerfer in großen Containern aus Asien, und sie können inzwischen richtig viel, wie auch das Spotlight-Team einräumt, aber sie zwingen den Lichtdesigner auch dazu, das zu machen, was die Lampe kann.
Will man im Theater, der Oper und auch in Ausstellungsräumen und Museen ein Projekt möglichst ideal beleuchten, dann braucht man den Spezialisten, den Problem-Löser, mit dem man auf Augenhöhe diskutieren kann.
Der Firmengründer Ing. Augusto Andraghetti und Nicolò Oliva als Mitinhaber suchten also einen Weg, die Firma als unabhängiges Unternehmen zu erhalten, ein Prozess, der beileibe nicht einfach war.
"In den letzten Jahren hat sich die frühere Gesellschaft der Realität gestellt und dem radikalen Wandel in der Branche Rechnung getragen. Dabei ging es nicht nur um finanzielle Dinge, sondern generell darum, wie Geschäfte gemacht wurden, wie die Firma geführt wurde und wie welche Strategien verfolgt wurden", so Oliva.
"Wir brauchten eine neue Richtung, und das, nachdem die Firma ja mindestens 30 Jahre lang auf dieselbe Art gut funktioniert hatte. Das war besonders für Augusto Andraghetti ein schwieriger Prozess, denn zum einen ging es um sein Lebenswerk, zum anderen war klar, dass die Firma ohne eine radikale Neuaufstellung auch finanziell die nächsten zwei oder drei Jahre nicht überlebt hätte. Wir wollten jedoch die Zerschlagung auf jeden Fall vermeiden und mussten von daher unbedingt eine andere, radikale Lösung finden."
Letztlich stimmte der frühere Chef der Umwandlung der GmbH in eine Kooperative zu, also der Übernahme der Firma durch die Mitarbeiter, und so sind es heute sechs Besitzer, die Spotlight miteinander betreiben.
Ketzerische Frage des Redakteurs: "Und jetzt sitzen Sie also Tag für Tag hier an diesem Konferenztisch und streiten …"
Oliva lacht: "Um ehrlich zu sein: Wir haben die letzten drei Jahre gekämpft wie die Löwen und sind jetzt zu einer sehr guten Form der Zusammenarbeit gekommen."
Richtig kalkuliert: Die Kooperative startete gerade noch rechtzeitig vor Beginn der Pandemie.
Dabei ging die Firmenumwandlung haarscharf vor der Corona-Pandemie über die Bühne, wie Oliva berichtet:
"Am 1. Februar 2020 startete die neue Firma, und am 10. Februar kamen die ersten Alarmmeldungen. Aber zu sechst kamen wir damit gut zurecht, wir konnten im Homeoffice arbeiten und Projekte vorbereiten und uns gegenseitig auf dem Laufenden halten, blieben mit unseren Kunden über das Telefon in Kontakt."
99 Prozent der ausländischen Kunden hätten die Veränderung nicht mal bemerkt, so Oliva. Sie hatten und haben dieselben Ansprechpartner wie immer, und die sind nach wie vor für sie da. Manchmal konnte man sogar schneller reagieren als früher. Stichwort: Lean Management.
Oliva freut sich: "Wir mussten eigentlich nur gegen die schlechten Nachrichten ankämpfen, die böse Zungen verbreitet haben nach dem Motto 'Spotlight geht in die Pleite, Spotlight schließt …' Das ist nun mal das Spiel, Gerüchte, die Mitbewerber gerne ausstreuen …"
Der Spotlight Fresnel-LED-Scheinwerfer 450W (Foto: Spotlight).
Die Tabelle
Thomas Nell hat die Corona-Zeit gut genutzt.
Was hat nun Thomas Nell, der Lichtdesigner, während des Lockdowns gemacht?
Er erklärt es so: "Ich bin als Lighting Designer ja mit den Farbfiltern von Lee und Rosco groß geworden, und wenn man dann mit LEDs arbeitet, hat man plötzlich seine Farbfilter nicht mehr. Dann muss man praktisch anfangen, sich seine ganzen Farben selbst neu zu erarbeiten.
Doch wenn du da draußen bist, geht es um Zeit, und du kannst dich nicht Stunden lang hinstellen und mit Farben experimentieren.
Also habe ich mir eigentlich schon immer gewünscht, dass man die ganze Palette von Lee und Rosco als Memory abrufen kann.
Zwar bieten viele Hersteller von Lichtstellpulten so was an, doch das funktioniert nicht wirklich, es sind Rechenspiele.
Also muss sich jeder Lighting Designer wirklich ins Zeug legen, um sich eine gewisse Expertise von seinen Farben für seinen LED-Scheinwerfer zu erarbeiten.
Diese ganze Arbeit habe ich ihm nun abgenommen, indem ich unseren 1.200-Watt-Halogen-Profilscheinwerfer verglichen habe mit unserem LED-6-Farben-Mischsystem. Ich habe also die einzelnen Rosco- und Lee-Farben nachgestellt und sie dann durch CRI-1936-Messungen genau austariert.
Dabei kommt es natürlich auch darauf an, welche Dimmer-Kurven man nimmt. Ich habe das also sowohl für die lineare wie für die quadratische Kurve gemacht und dann eben wirklich jede Farbe einzeln mit den XY-Werten ausgemessen und erfasst.
Diese Tabelle hat jeder unserer Vertriebe, man kann sie aber auch bei mir herzlich gerne direkt anfragen.
Schon klar, dass man eine gewisse Übung braucht, um damit zu arbeiten, und ich hoffe, dass ich bald mal einen Workshop machen kann, wo ich das im Detail erklären kann."
Bei der Folie bleiben
Spotlight hat nicht nur die gängigsten Farbfolien auf Lager.
Beim Gang durch das Spotlight-Werk kommt man auch zu einem großen Lager an Farbfolien, die auch durchaus noch nachgefragt werden.
Zum einen liegt das daran, dass man sich bei Spotlight entschlossen hat, die Halogenscheinwerfer noch so lange weiter zu bauen, bis tatsächlich keine Leuchtmittel mehr erhältlich sind, weil die Nachfrage nach den Scheinwerfern immer noch da ist, insbesondere in Ländern mit einer geringeren Kaufkraft, wo man sich derzeit LED-Scheinwerfer einfach nicht leisten kann.
Zum anderen gibt es eine wachsende Gruppe von Lichtdesignern, die den Phosphor-LED-Scheinwerfer für sich entdeckt haben: Mit einem solchen warm- oder kaltweißen Gerät mit durchgehendem Farbspektrum von Spotlight kann der Lichtdesigner wieder wie gewohnt mit den Farbfiltern arbeiten und damit, wie Thomas Nell erklärt, "Dinge zaubern, die man mit den meistens hoch gesättigten Farb-LED-Scheinwerfern so gar nicht hinbekommt". Mit dem weiteren Vorteil, dass der Filter nicht mehr durchbrennt.
Die Tunable-White-Version mit Phosphor ist übrigens nur eine von sechs LED-Versionen fast jedes Spotlight-Scheinwerfers. Es gibt ihn auch mit 3.000, 4.000 oder 5.600 Kelvin, als RGBW-System für Pastellfarben und mit dem 6-Farben-Chip für sowohl Weiß als auch Farbe.
So gesehen hat Spotlight derzeit über 200 verschiedene Scheinwerfer im Programm, die Sonderanfertigungen gar nicht gerechnet, wobei die Hyperion-Serie ganz weit vorn ist, was die Stückzahlen angeht. Doch baut man bei Spotlight auch ganz andere Dinge. Da gibt es die kleine Flum-LED mit 3 Watt, die man für das Tutanchamun-Museum in Kairo entwickelt und gebaut hat.
Die Vorläufer der Movinglights
Es gibt aber auch - und das schon seit den 1970er-Jahren - große Motorbügel von Spotlight, die auf vielen Bühnen der Welt zu sehen sind. Eigentlich sind sie die Vorläufer der Movinglights, nur kann man zwischen die Spotlight-Bügel eigentlich alles packen, das nicht mehr als 30 kg wiegt, vom Scheinwerfer über den Videoprojektor, die Nebelmaschine und TV-Kamera bis hin zum Lautsprecher. Auch das wird tatsächlich immer wieder nachgefragt.
Einfach mal Licht machen und zeigen, was geht: Showroom bei Spotlight.
Die Lautsprecher im Showroom von Spotlight wurden zwar nicht auf Bügel montiert, und sie werden auch nicht nur für die Kunden-Lightshows genutzt: Denn, wenn Nicolò Oliva und Thomas Nell im Homeoffice doch mal die Decke auf den Kopf fiel, dann trafen sie sich am Freitagnachmittag im Showroom von Spotlight.
Thomas Nell packte die Gitarre aus und Nicolò Oliva seinen Bass - und dann wurde es bei Spotlight auch mal richtig laut.