Ende November 2009 wurde die St. Michaeliskirche zu Hamburg, der „Michel“, in neuem Glanz mit einem Festakt wieder eröffnet. Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen konnten dank des bedeutenden Engagements zahlreicher Sponsoren verwirklicht werden. Der Kirchenraum von Hamburgs Wahrzeichen und zweifellos schönster Barockkirche im Norden Deutschlands wurde rekonstruiert und mit zeitgemäßer Technik ausgestattet. Amptown System Company realisierte ein technisch anspruchsvolles Zeilenlautsprecherkonzept auf Basis von Renkus-Heinz ICONYX.
Die evangelische Barockkirche ist Hamburgs bekannteste Kirche und mit ihrer auf einem Stahlgerüst sitzenden Kupferhaube weithin sichtbar. Der Michel ist dem Erzengel Michael geweiht, dessen mit dem Teufel kämpfende Bronzestatue sich über dem Hauptportal befindet. Die Kirche gilt als wichtigste Kirche für die in der Hansestadt veranstalteten Weihnachts- und Sylvester-Feierlichkeiten. Die Gottesdienste und großmedialen Ereignisse finden traditionell nicht nur im Kirchenraum statt, sondern auch um den Michel herum, wie beispielsweise der seit 26 Jahren im Juni gefeierte, etablierte, Motorrad-Gottesdienst, kurz „Mogo“ genannt, der bis zu 40.000 Biker anzieht.
Die lange Renovierungsphase war geprägt durch das komplexe Zusammenspiel der einzelnen Gewerke. Im April 2009 hatte der Kirchenvorstand als Elektroplaner die IWP, die Ingenieure Wiechers + Partner aus Elmshorn, für die Elektro- und Beschallungstechnik beauftragt und parallel dazu den renommierten Fachplaner, Diplom Ingenieur Frank Chilinski, als unabhängigen Berater speziell für alle Fragen rund um die Bau-, Raum und Elektroakustik eingesetzt. Im nachfolgenden Ausschreibungsverfahren konnte sich Amptown System Company (ASC) unter Projektleitung von Andreas Klöhn und Rüdiger Aue durchsetzen.
Die durch die Barockarchitektur vorgegebenen Einsatzmöglichkeiten für die Technik sind durch Denkmalschutzvorgaben begrenzt, dennoch erzielen die schlanken ICONYX Schallzeilen eine hochwertige Wiedergabe in der Sprach- und Musikbeschallung.
Der Kirchenraum des Michels ist 51 m breit, 71 m lang und 27 m hoch. Sein kreuzförmiger Grundriss beinhaltet im Zentrum des Raumes eine marmorne Kanzel, von der aus die Gläubigen angesprochen werden. Mit 2.500 Sitzplätzen und einer Gesamtkapazität von circa 3.000 Personen ist der Michel innerhalb der fünf Hamburger Hauptkirchen die jüngste Kirche mit dem größten Raumvolumen.
Dirk Schaller, verantwortlicher Projektleiter des Elektroplaners IWP, erläutert Zeitablauf und Umfang der Aufgabenstellung: „Die Planung für diese anspruchsvolle Aufgabe begann von uns bereits 2002 mit der ersten Bestandaufnahme der alten elektrotechnischen Anlagen. Ab April 2007 wurde mit den ersten Demontagen der – über die Jahrzehnte – gewachsenen Elektroinstallationen in der Krypta begonnen. Eine komplett neue Versorgungsstruktur mit neuer Trassenführung musste aufgebaut werden. Sämtliche Installationsleitungen und Installationen wurden während der Bauzeit erneuert. Hierzu zählen Steckdosen- und Beleuchtungsstromkreise, das Leitungsnetz für die Beschallungs- und EDV-Anlage, Brandmeldenetz sowie das Leitungsnetz für die vier Orgeln.
Die neue Beschallungsanlage wurde in Kooperation mit dem Fachplaner für Beschallungstechnik Frank Chilinski geplant und umgesetzt. In Zusammenarbeit mit zwei Lichtplanungsbüros haben wir sehr individuelle Lichtkonzepte in der Krypta und im Kirchenschiff realisiert. Für die Steuerung der unterschiedlichen Lichtszenen wurde die KNX-BUS-Technik und eine Visualisierungssoftware eingesetzt.“
Vorgabe der Auftraggeber war die Beschallung des gesamten Kirchenschiffs und der Nebenräume sowie der Einsatz eines neuen Audioprocessings. Die Anzahl und Positionierung der Lautsprecher wurden seitens Frank Chilinski mit Hilfe von Computersimulationen sowie Erfahrungswerten festgelegt.
Rüdiger Aue, Projektmanager Amptown System Company, erläutert die technische Umsetzung: „Das Kirchenschiff beinhaltet Aktivlautsprecher, jeweils mit und ohne DSP-Steuerung. Hier haben wir zahlreiche Schallzeilen aus dem Renkus-Heinz-ICONYX-Portfolio eingebaut und diese zum Teil auch als Stack verbunden. Jedes Chassis verfügt über eine eigene Endstufe und wird per DSP so gesteuert, dass das gewünschte Abstrahlverhalten entsteht. So gelingt es, trotz genau senkrechter Aufhängung der ICONYX Schallzeilen eine entsprechende Richtcharakteristik zu erzeugen, die vor allem im akustisch anspruchsvollen Bereich der Emporen zum Tragen kommt, ohne dass der Raum unnötig angeregt wird.
In Nebenräumen und Logen kommen zahlreiche weitere Lautsprecher Laufzeit angepasst zum Einsatz, wie beispielsweise Meyer Sound MM-4 für den Nahbereich. Die Mikrofonie umfasst drahtgebundene und drahtlose Mikrofone von höchster Qualität. Für die Versorgung der Rednerpulte auf der Kanzel, am Altar, an den Lesepulten sowie für die Aufnahme der drei Orgeln entschied man sich für die Neumann KM 100 Mikrofon-Serie. Die weitere Infrastruktur für das Audioprocessing besteht aus Audiomatrizen, Automatikmischern für die Signalzuteilung und Vorverstärkung, einem 48-Kanal-Audiosplittsystem von BetaTec aus ASC-eigener Fertigung, Verkabelung und Ghielmetti-Steckfeldern. Sie ermöglicht die Einbindung von Übertragungswagen (NDR) sowie externen Mischpulten.“
Andreas Klöhn, Vertrieb/Consultant, Amptown System Company, beschreibt das Ergebnis der neuen Beschallungssituation: „Trotz der hohen Komplexität der elektroakustischen Anlage zeichnet sie sich durch eine sehr einfache Bedienbarkeit bei kirchenüblicher Nutzung aus. Möglich wird dies durch eine Kombination rauschärmster Mikrofontechnik, Automatikmischern und digitalen Audiokreuzschienen mit abgesetzter Bedieneinheit (Touchpanel). Da diese Komponenten gleichzeitig Broadcast-Standard genügen, gelang es, eine Natürlichkeit der Schallreproduktion zu erlangen, die bisher in Kirchen kaum erreicht worden ist. Daher ist nun eine Wort- und Tonübertragung möglich, die qualitativ die hohen Anforderungen von Veranstaltungen erfüllt. Die gemessene Nachhallzeit von 5 Sekunden war eine Herausforderung in unserer Konzeption.
Diplom-Ingenieur Frank Chilinski ergänzt: „Für den Kirchenvorstand war ausschlaggebend, dass sich die Lautsprecher möglichst unauffällig in die historische Architektur der Kirche einfügen und der Raum aus optischer Sicht nicht zuviel Technik beinhaltet. Daher hat ASC die Schallzeilen der Farbe der Säulen und des Hintergrundes angepasst. Gleichzeitig musste eine kompromisslos gute Beschallungsqualität erreicht werden, die der herausragenden Stellung des Michel als Hamburger Repräsentationskirche sowohl für Sprache als auch Musik, das heißt konkret für Konzerte, Lesungen und Großveranstaltungen, gerecht wird. Dies bedingt gleichzeitig eine gute Anbindung der audiovisuellen Infrastruktur, der mit professioneller Technik und Mikrofonie seitens ASC im Rundfunkstandard Rechnung getragen wurde. Alle Signale können nun rückwirkungsfrei von externen Nutzern in einem Ü-Wagen in symmetrischer Technik auf Steckfeldern und Ü-Wagen-Anschlussfeldern abgegriffen werden.
Die Mitarbeiter von ASC und ich haben einen gemeinsamen Background in der Zusammenarbeit mit Rundfunkanstalten und Theatern, daher hatten wir schnell einen direkten Lösungsansatz für die komplexe Beschallungskonzeption des Michel gefunden und diesen effizient umgesetzt.“
ASC führt damit die Serie von spezialisierten Installationen in akustisch anspruchsvollen Räumen kontinuierlich und erfolgreich fort. Einzelne Beispiele dazu sind unter anderen der Festsaal des Hamburger Rathauses, die St. Petri Kirche zu Lübeck, der Hamburger Mariendom sowie weitere Kirchenprojekte.