Aus deutschen Landen

05.05.2008

Boxen bauen in Deutschland - geht das heute überhaupt noch?

Unbequeme Fragen an Hans Stamer, geschäftsführender Gesellschafter von Music & Sales anlässlich der "Fachtage für Veranstaltungstechnik".

DieReferenz: Sie sind als ein deutscher Hersteller von Lautsprechersystemen und Tontechnik schon lange dabei und weit bekannt. Ist das überhaupt noch ein Modell, in Deutschland „schwarze Kisten“ zu bauen, um es mal salopp auszudrücken?

Hans Stamer:  „Schwarze Kisten“ kann man sicherlich überall bauen. Wenn die „schwarzen Kisten“ allerdings den Anspruch eines hochwertigen, professionellen Beschallungswerkzeugs erfüllen sollen, braucht man das Entwicklungs-, Produktions- und Qualitätssicherungs-Know-How, wie man es eben nur in USA, Europa und insbesondere in Deutschland findet. Gerade im Pro-Audio-Bereich sieht man ja, dass immer mehr Hersteller ihre Präsenz in Europa und in Deutschland ausbauen - das hat sicherlich Gründe.

DieReferenz: Sie beschäftigen in Ihrer Firma Thomas Adt, einen Musikwissenschaftler. Was macht so ein Mann in einer Fabrik wie Ihrer?

Stamer: Erst mal war Thomas Adt neben seinem Musikwissenschaft-Studium eben auch sehr lange aktiver Verleiher und in den letzten 20 Jahren – oder noch länger – auf Veranstaltungen unterwegs. Während all der Zeit wurde ihm eben auch klar, dass man das alles nicht zum Selbstzweck macht, sondern zum Vergnügen des Zuschauers. In der Hoffnung, dass es ihm so gut gefallen hat, dass er wieder kommt.

Wir haben uns in den letzten Jahren viele Gedanken gemacht, wie wir zum Wohlbefinden des Ohrs beitragen. Aus den Fragen, was mag dieses Organ, wie kann man es verwöhnen und wie kann man es stressen, da kommt man dann schon zu weiter reichenden Fragen, was aber nicht heißt, dass man seine anderen Hausaufgaben vernachlässigt, die typischerweise der Ingenieur macht, also das Messen von Frequenzen.

DieReferenz: Nun steht Thomas Adt ja auch für Musik- oder Gehörpsychologie und die Faktoren, die da mit herein spielen. Andererseits war ja gerade unter Musikern lange Zeit die Fraktion sehr stark, die alles unverfälscht und linear haben wollte. Widerspricht sich das oder ergänzen sich diese beiden Vorstellungen?

Stamer: Das wiederspricht sich keineswegs, denn es gibt letztlich nur einen Adressaten für die Schallübertragung: den menschlichen Gehörsinn. Das messtechnische Sicherstellen von linearem Frequenzgang, gleichmäßigem Phasengang etc. dient ja keinem Selbstzweck, sondern einer, wenn auch groben, Annäherung an die natürlichen Bedürfnisse beim Hören. Das Einbinden der aktuellen Erkenntnisse aus der Forschung um den Gehörsinn ermöglicht einfach eine darüber hinausgehende Perfektionierung der Übertragungskette.

DieReferenz: Kommen wir zu einem ganz anderen Problemkreis: Es gibt ja nicht nur Sie als Hersteller, sondern etliche Mitbewerber, die Sie ja auch beobachten und kennen, wie das am Markt üblich ist. Können Sie mir sagen, wo Sie im Umfeld der Mitbewerber stehen, die auch Lautsprechersysteme herstellen. Ist HK Audio Mittelklasse, also der Audi unter den Beschallern?

Stamer: Wenige andere Hersteller leisten sich zum Beispiel einen reflexionsfreien Schallmessraum, immerhin Europas größter Klasse 1-Raum, oder eine eigene Testhalle, wo wir praxisnah auch größere Systeme erproben können. Das kann kein Mittelklassehersteller! Ansonsten ist Audi schon längst im Premium Bereich angekommen – also ein Vergleich, durch den wir uns geehrt fühlen.

DieReferenz: Nun sind ja relativ viele Leute in den letzten Jahren auf Line Arrays umgestiegen. Muss man nicht davon ausgehen, dass da eine gewisse Sättigung eintritt, dass irgendwann jeder Verleiher ein vernünftiges Line Array hat?

Stamer:  Line Arrays wären das erste Marktsegment, wo nicht irgendwann eine gewisse Marktsättigung erreicht würde. Zur Zeit sehen wir aber noch einen großen Bedarf nach Line Arrays der zweiten oder dritten Generation. Neben der akustischen Performance, wo sich nach wie vor große Unterschiede auftun, geht es immer mehr um die Qualifizierung der Anwender.

Die ständig steigende Nachfrage nach unserem Schulungsangebot bestätigt dies, denn hochklassige Technik braucht hochqualifizierte Bediener. Das Ziel ist es ja, das optimale Ergebnis zu erreichen, damit der Zuhörer ein angenehmes Hörerlebnis hat. Und da gib es ja noch viel Potenzial.

DieReferenz: ... aber genau das muss man ja im Moment nicht befürchten, nachdem heute auf Tour das Geld verdient wird, nicht mehr mit dem Plattenverkauf. 

Kommen wir zu diesen Fachtagen für Veranstaltungstechnik: Da laden Sie nun für viel Geld Ihre Kunden ein. Ein ganz schöner Aufwand, um nett zu sein. Oder ist es mehr?

Stamer: Wir kennen ja die Herausforderungen unserer Kunden: Tagesgeschäft bedeutet, volle Terminkalender, wenig Zeit für anderes wie Fortbildung und Informationen.

Deshalb bieten wir mit den Fachtagen unseren Kunden die Möglichkeit, sich vor Ort zu informieren, an Fachvorträgen und Seminaren teilzunehmen und natürlich uns und die anderen Hersteller persönlich kennenzulernen. Daneben gibt es auch immer Hands-on, bei der Beschallung ist das etwa das Vergleichshören verschiedener Systeme.

Dadurch, dass mehrere Hersteller und Vertriebe als Aussteller mit dabei sind, ist das Konzept der Fachtage auch immer interessant, nicht nur für den Beschaller, sondern für alle, die mit Veranstaltungstechnik zu tun haben – letztlich geht es immer darum, wie der Techniker auch langfristig in der Branche sein Geld verdienen kann und sich und seine Firma voranbringt.

DieReferenz: Nun haben Sie schon einige solcher Veranstaltungen an verschiedenen Orten gemacht. Gibt es da Unterschiede oder ist der Ablauf eigentlich immer gleich?

Stamer: Die Idee ist ja, dass wir zu den Kunden gehen. Wir machen es ihnen leicht, morgens anzureisen, sich einen Tag lang über wichtige Themen informieren zu lassen, aber eben auch über verschiedene Produkte. Deshalb gehen wir in die Regionen. Wir waren in St.Wendel, Berlin, Köln, Hannover, jetzt in München. Insgesamt ist die Resonanz sehr gut, was uns zeigt, dass das Interesse in der Branche, sich zu informieren, groß ist.

DieReferenz: Noch ein Blick in die Zukunft. Kann man heute schon sagen, wo es bei HK Audio hingehen wird?

Stamer: Wir sehen keinen Bedarf oder keinen Sinn darin, hochwertige Beschallungsanlagen im Ausland zu fertigen. Wir haben da ja 15 Jahre Erfahrung als Hersteller, wir können das in Deutschland sehr gut abdecken, wir haben eigenes Ingenieur- und Produktions-Know-how, warum sollten wir das aufgeben? Wir werden das gute Wachstum im Pro-Audio Bereich weiter vorantreiben.

DieReferenz: Noch mal zur Zukunft: Das Line Array war ja der große Schub. Kommt bald wieder eine solche Innovation?

Stamer: Ich denke das Thema Line Aray wird die Audiowelt in den nächsten Jahren weiter prägen und ist keine Modeerscheinung. Die Qualitätsvorteile liegen klar auf der Hand. Eine weitere Steigerung der Qualität und damit des Hörerlebnisses ist die FIR Filtertechnologie, die bei HK Audio eingesetzt wird, da leisten wir schon seit über zehn Jahren Pionierarbeit. Weitere Innovationen? Schau`n mer mal... (lächelt).