Das Äußere Burgtor der Wiener Hofburg stellt Victoria Coeln ins Zentrum des Lichts.
Vom 6. Mai bis 26. Juni 2014 ist in Wien die neueste Licht-Arbeit von Victoria Coeln zu sehen: "Chromotopia Heldentor". Diese Arbeit widmet Victoria Coeln, der Friedensaktivistin und Nobelpreisträgerin Bertha von Suttner (1843 – 1914).
Chromotopia Heldentor: Das Äußere Burgtor in Wien im Lichte Victoria Coelns. Fotos: Helmut Prochart.
Täglich, von Abenddämmerung bis Sonnenaufgang, stehen sieben Wochen lang das Äußere Burgtor, seine Umgebung und seine Geschichte im Zentrum der urbanen Intervention. Mit der Leichtigkeit des Lichts überschreibt Victoria Coeln beide Seiten des Bauwerks, Teile des Gehwegs und des Rasens und gibt dem historischen Ort eine Leichtigkeit und Transparenz, die den Blick auf ein im ersten Moment irritierendes, mehrdimensionales Bild lenkt, das auch im Vorbeifahren mit Straßenbahn, Auto oder Fahrrad genug Aufmerksamkeit auf sich zieht. Doch man sollte sich Zeit nehmen und die ausgedehnte Arbeit erwandern, denn vor allem dann zeigen sich neue, unerwartete Perspektiven, die visuell nicht so leicht einzuordnen sind.
"Farbe ist ein Geschenk des Lichts, beobachten wir Licht, bekommen wir Zeit geschenkt", so Victoria Coelns Hinweis im Informationsbooklet, das zumeist vorort bei fast jedem Wetter eine Stunde ab Dämmerung von Gedenkdienern, Studentinnen und Studenten verteilt wird.
Victoria Coelns Arbeit: Chromotop und Chromographie
Victoria Coeln entwickelt ihre temporären und permanenten Chromotope direkt vor Ort, in einer komplexen Verbindung von künstlerischen und technischen Mitteln. Die Positionen und die Anordnung der Projektionen für den Aufbau der Licht-Räume werden von der Wiener Künstlerin in Lichtproben bestimmt, Objektive und Ausstrahlungswinkel festgelegt. Jeder Projektor wird mit einem Lichtfilter – einer vielschichtigen Miniatur, der Chromographie – bestückt. Diese transparenten Miniaturbilder werden in Verbindung mit dem Ort, konkret vor Ort von der Künstlerin angefertigt.
Victoria Coeln arbeitet mit von Titanschichten in feinsten Gitterstrukturen bedampftem Borofloatglas (ein Abfallprodukt der Weltraumtechnologie), das ganz gezielt bestimmte Wellenlängen des Lichts durchlässt und so höchst intensive Lichtfarben erzeugt.
Derart erzeugte Farbe bleicht nicht aus, doch können die Schichten verletzt werden: So graviert, ätzt und schneidet die Künstlerin in die Substanz der Beschichtung.
Mehrere bearbeitete Glasschichten also Farbschichten, werden in subtraktiver Mischung zu einem Miniaturbild zusammengesetzt. Dieses transluzente Unikat mit 10 cm Durchmesser überträgt Malerei, Lichtschichten und Lichtschnitte auf die urbane, "vorgrundierte" Leinwand, auf Bauwerk, Bodenflächen und alle Lebewesen, die den Lichtraum durchqueren. Denn Licht übermalt völlig unabhängig von der Substanz des jeweiligen Untergrunds und ohne ihn tatsächlich je physisch zu verändern.
Victoria Coeln überschreibt mittels Lichtebenen und Lichtschnitten den vorgefundenen Raum derart, dass er, jetzt fragmentiert, nicht mehr als "große Erzählung" wahrzunehmen ist. So plant, konzipiert und realisiert die ursprüngliche Mathematikerin mit feinsten Tools und der Präzision des Lichts Interventionen des Überschreibens bis ins kleinste Detail – ständig am Hinterfragen, Erweitern und Auflösen von Grenzen.
Victoria Coeln arbeitete mit dem Wiener Konzerthaus, dem Stadtpark Eingang Reisnerstraße und 2011 bis 2013 mit dem Wiener Stephansdom. Das Projekt Chromotopia St. Stephan wurde jeweils für einen Monat im Mai/Juni und im Herbst, im Advent oder in der Weihnachtszeit realisiert. Während die Interventionen im Inneren des Doms temporär waren, ist nach wie vor die Außeninstallation an Westfassade und Stephansplatz von der Abenddämmerung bis in den Morgen zu erleben.