Saal-Superlative

21.07.2008

Peter Brümmer, Ton-Chef im Münchner Gasteig, entschied sich für ein PA-System von Meyer Sound für den Carl-Orff-Saal. Warum?

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Schon seit einigen Jahren gibt es in der Philharmonie am Münchner Gasteig ein dezentes Line-Array-System von Meyer Sound für alle Veranstaltungen, die nicht ganz ohne Verstärkung auskommen. Es wird nur heruntergelassen, wenn es gebraucht wird und kann auch mit eigens konstruierte Wagen, in die die Bananen eingesetzt werden, ohne großen Aufwand aus dem Konzertsaal gefahren werden, wenn Künstler beispielsweise ihre eigene PA dabei haben.

Jetzt hat sich der Ton-Chef des Münchner Gasteigs, Peter Brümmer, für den kleineren Carl-Orff-Saal ebenfalls für ein Meyer-Sound-Beschallungssystem entschieden. Wir fragten ihn, warum und schicken die Antwort vorne weg: Weil er in der Oberliga der Konzertsäle ganz oben stehen möchte.

DieReferenz: Herr Brümmer, den Carl-Orff-Saal gibt es ja nun schon seit etlichen Jahren. Warum brauchte der überhaupt eine neue Anlage?
Peter Brümmer: Den Saal gibt es mittlerweile seit 1985 und weit vor meiner Zeit ist eine Anlage installiert worden, die jetzt über 15 Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß ist. Sie hat bis jetzt einen ganz guten Job gemacht, aber die Beschallungstechnik hat sich einfach weiterentwickelt.

DieReferenz: Na ja ...
Brümmer: Ganz einfach: Es gab vier KS-T1 Top-Teile und zwei TWs, bei denen wir langsam Probleme hatten, kaputte Basslautsprecher zu ersetzen. Die wurden dann eingeschickt und re-coned, aber es gibt keine neuen Speaker mehr für diese Typen. Hinzu kam, dass die akkustische Ausleuchtung des Saales nicht wirklich optimal war.

Die KS-Anlage haben wir immer noch, und wir setzen sie auch gerne noch im Foyer bei mobilen Beschallungen ein. Insgesamt haben wir sogar sechs Top-Teile und zwei Bässe, da kann man schon etwas mit anfangen. Die Komponenten hatten immer einen sehr ausgewogenen Frequenzgang , aber die Coverage und die Linearität der Meyer-Sound Anlage, die wir gerade gehört haben, haben die alten Boxen natürlich nicht gehabt. Und da war es jetzt an der Zeit in eine neue Technologie zu inverstieren.

Nach den guten Erfahrungen in der Philharmonie lag es nahe, im Carl-Orff-Saal ebenfalls auf Meyer Sound zu setzen. Ich bekam sofort die volle Unterstützung im Haus, da wir ja mit Meyer-Sound auch wirtschaftlich gut abgeschnitten haben. Im Carl-Orff-Saal werden wir wahrscheinlich etwas länger brauchen, diesen wirtschaftlichen Erfolg zu wiederholen, was einfach daran liegt, dass der Carl-Orff-Saal wesentlich kleiner ist und deshalb die Preise für die Beschallung viel niedriger liegen als in der Philharmonie.

2.387 Zuschauer in der Philharmonie bringen natürlich mehr Einnahmen als die maximal 598 im Carl-Orff-Saal. Um etwa diesen Faktor wird sich voraussichtlich die Zeit verlängern, bis die Anlage amortisiert ist, aber egal, ich weiß jetzt aus meinen Erfahrungen, dass es sich verhalten wird wie in der VW-Käfer-Werbung: sie läuft und läuft und läuft ... - und insofern mach’ ich mir da keine Sorgen. Wir sind jetzt erstmal für die nächsten 20 Jahre gerüstet, da bin ich absolut sicher.

DieReferenz: Was haben Sie jetzt gekauft?
Brümmer: Die neue Anlage besteht aus zwei 9er Arrays M1D, also 18 mal M1D, einer UPA-1P im Center, dann zwei UPJ für den vorderen Eckbereich unter den LineArrays. Dazu sechs MM4 Miniatur-Lautsprecher. Zwei 700-HP Bässe dienen als Low-End Ergänzung.

Die Bässe sind eigentlich ein bisschen oversized, aber der 700er ist einfach der schönste Bass, der auf dem Markt: Er klingt sehr sauber und knackig, überhaupt nicht schwammig wie andere Bässe. Die wollte ich gerne im Haus haben. Außerdem, und das haben wir schon praktiziert, können wir sie, wenn sie im COS nicht gebraucht werden, in der Philharmonie als zusätzliche Bässe auf der Bühne einsetzen. Bei Rock n´Roll Produktionen ist es manchmal gut und erforderlich, wenn die Subs mehr von der Bühne kommen, denn die HP650 in der Phil sind relativ hoch im Saal positioniert.

DieReferenz: Und ganz vorne, die MM4?
Brümmer: Ach so, die MM4 versorgen die vorderen zwei Sitzreihen, als Bühnenrand- Lautsprecher, das hat sich in der Philharmonie auch absolut bewährt. Die Sprach- verständlichkeit ist damit auf allen Plätzen einfach hervorragend.

DieReferenz: Wie sind Sie denn damit zufrieden, die sind ja ein bisschen im Feuer, liegen so am Bühnenrand in der Philharmonie, gehen die nicht mal kaputt, haut da mal einer drauf ...
Brümmer: Ja, das stimmt schon. Es gibt da manchmal ein bisschen Verluste, rein materiell, weil sie leicht übersehen werden ... Die in der Philharmonie sehen schon ein bisschen zerdengelt aus, aber sie sind eigentlich recht robust. Neulich musste ich mal eine austauschen, das war aber erst die Zweite in vier Jahren, also hält sich das noch in Grenzen. Außderdem sollen die MM4 im COS festgeschraubt werden, und wir müssen sie nicht ständig auf- und abbauen, wie in der Philharmonie.

DieReferenz: Die kleinen Boxen haben Sie ja irgendwie umgebaut?
Brümmer: Genau. Die Anschlusstechnik haben wir geändert: Wir haben die Lautsprecher- Anschlüsse auf XLR umgerüstet. Von Neutrik gibt es luftdichte XLR-Einbaubuchsen, und wenn man dann die Kabel mit Winkelsteckern ausstattet, sieht das sehr smart aus, und es geht jetzt auch nichts mehr kaputt, wenn man auf die Stecker tritt. Vorher hatten wir öfter Probleme mit den Original Kunstoff-Steckern, die Meyer mit den Lautsprechern mitliefert.

DieReferenz: Und die müssen luftdicht sein?
Brümmer: Ja, die müssen luftdicht sein, das ist richtig. Das Kammervolumen als Luftwiderstand der Hochleistungs-Speaker ist genau berechnet. Bei einem Leck würde der Speaker bei Volllast sehr wahrscheinlich kaputt gehen.

DieReferenz: Wie sieht es mit der Ansteuerung aus?
Brümmer: Die übernimmt in diesem Fall ein Galileo. Das ist ein ganz feines Gerät, das als Lautsprecher-Controller von Meyer auf den Markt gebracht wurde. Leider geschah das ungefähr ein Jahr, nachdem wir die Philharmonie-Anlage gekauft hatten. In der Philharmonie haben wir noch LD-3 und CP-10 EQs mit QSC Delays, mit denen die Anlage eingemessen wurde und die das Line-Driving übernehmen. Das funktioniert zwar einwandfrei, aber die Geräte brauchen fast 24 HE Rackspace. Im COS übernimmt das ein Galileo auf zwei HE.

DieReferenz: Fehlen noch die Amps für die kleinen MM4s ...
Brümmer: Genau, da haben wir uns für Powersoft Digam Endstufen entschieden. Das Preis-Leisungsverhältnis ist sehr gut, vier Endstufen beanspruchen nur eine Höheneinheit, und sie leistet vier mal 700 Watt an 4 Ohm. Das ist auf jeden Fall ausreichend. Das Controlling für die MM4 übernehmen zwei analoge MM4-Controller vor den Endstufen, da wir die Nearfills mit drei Wegen ansteuern.

DieReferenz: Und Sie haben einen Center Speaker, eine UPA fürs Nahfeld ...
Brümmer: Die UPA-1P, ja, die versorgt den Bereich in der Mitte vorne bis zur neunten Reihe, weil die Arrays jetzt sehr weit außen hängen. Wir haben dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass im Carl-Orff-Saal oft Projektionen stattfinden und auch Kino Filme gezeigt werden. Und es finden auch des öfteren Ballett- und Theateraufführungen statt, bei denen das Bühnendesign eine freie und offene Sicht auf das Bühnenhaus verlangt.
Optimal wäre, wenn die Line-Arrays zwei, drei Meter weiter innen an Zügen hängen würden, dann wäre vor allem die Ortung in Bezug auf die Bühnenmitte noch besser, aber wir mussten da einen Kompromiss eingehen.

Das Gesamtkonzept der Anlage stammt übrigens von Michael Pohl, der ja als Tec-Support jetzt fest für Meyer Sound arbeitet. Er hat schon damals das Design der Anlage in der Philharmonie mit verantwortet . Die Anlage ist jetzt so installiert, dass sie auch bei rein akkustischen, klassischen Konzerten nicht im Sichtfeld hängt, so dass wir sie nicht ständig ein- und ausbauen müssen.

DieReferenz: Das geht natürlich nicht ...
Brümmer: So ist es dazu gekommen, dass wir im Mittelbereich ein bisschen auffüllen mussten, und Michael Pohl hatte dafür die UPA-1P vorgeschlagen. Wir sind am überlegen, ob wir nochmal ausprobieren, stattdessen drei bis vier M1D zu verwenden. Das werden wir demnächst in diesem Sommer, wenn ein bisschen Zeit ist, durchziehen und in der Philharmonie probeweise ein paar M1D ausbauen und im COS hängen. Wir versprechen uns davon in der Horizontalen vielleicht eine noch bessere Coverage, obwohl uns Michael Pohl abgeraten hat und wir noch nicht sicher sind, ob es überhaupt etwas bringt. Es kann durchaus sein, dass es bei der UPA bleibt. Ich hab‘ andernfalls die Option, die UPA umzutauschen. Das habe ich mit Fried Werner von Werner Audio aus Berlin , die uns die Anlage geliefert haben, telefonisch so ausgemacht.

DieReferenz: Also Werner Audio ist praktisch der Audiolieferant?
Brümmer: Ja, es ist gut, dass Werner Audio den Auftrag bekommen hat, weil sie im letzten Jahr auch die PA in der Philharmonie gewartet haben. Künftig soll es einen dauerhaften Wartungsvertrag für beide Säle geben, so dass alle zwei bis drei Jahre die Anlagen komplett durchgemessen und wenn nötig überholt werden. Werner Audio hat gezeigt, dass sie die Kompetenz und die Fachleute haben, um diese Aufgabe zu übernehmen.

Bei der Wartung in der Philharmonie war ich dabei und da wurde jeder Treiber einzeln ausgebaut und gemessen, die Endstufen demontiert und die Lüfter und Gehäuse gesäubert , alle Kabel und Zuleitungen elektrisch geprüft. Es war nichts defekt, alles war in Ordnung. Es sind keine Fehler gefunden worden und das hat mich wieder einmal von der Qualität der Meyer-Sound-Komponenten überzeugt.

DieReferenz: Und wie lange hat jetzt die ganze Geschichte gedauert, von der Freigabe bis zur Fertigstellung?
Brümmer: Etwa im Dezember wurde das Budget genehmigt und dann ging es in die erste Planungsphase und etwa Ende April habe ich dann bestellt. Dann mussten wir einfach nur einen Zeitpunkt für den Einbau finden, weil der Saal ja auch viel bespielt wird. Der eigentliche Einbau erfolgte dann am 4. und 5. Juni.

Vorher gab es allerdings noch einige Punkte zu klären: Zum Beispiel musste auch ein bisschen Stahlbau in Auftrag gegeben werden, da die M1D aus Ermangelung an Hängepunkten an speziellen Doppel-T-Trägern hängen sollten. Auch die UPA hängt an einer eigenen Stange. Wir haben im Haus unseren eigenen Statiker, der die Belastungen statisch berechnet und Zeichnungen angefertigt hat, nach denen eine Stahlbaufirma dann die Träger hergestellt hat. Die Position der Line-Arrays werden wir aber noch mal geringfügig ändern, weil unsere Beleuchtungstechnik jetzt ein Problem hat, an den Lautsprechern vorbei zu leuchten, wir werden sie also noch etwa 30cm weiter nach hinten hängen. Natürlich wird dann die Einmessung noch einmal wiederholt, das sind aber Dinge, die sich jetzt erst nach der Installation ergeben haben. Das ist aber nur eine kleine Sache, und man sieht dabei, dass es sehr schwer ist, alle Faktoren bei der Planung vorher entsprechend zu berücksichtigen.

DieReferenz: Was wiegt denn so eine Banane ungefähr?
Brümmer: Wir kommen auf etwa 150 kg.

DieReferenz: Und wie sind die ersten Erfahrungen mit dem System?
Brümmer: Der erste Höreindruck hat mich ziemlich umgehauen. Die Klarheit und Linearität über den gesamten Frequenzgang, gekoppelt mit einer unglaublichen Dynamik, ist wirklich beeindruckend. Danach gab es aber auch ein paar Tage der Verunsicherung: Ist die Anlage jetzt wirklich so gut, wie wir uns das erhofft hatten? Die Erwartungshaltung war nach den Erfahrungen in der Phil sehr hoch ...

Ich war dann sehr froh, als meine beiden Kollegen, die oft mit der Anlage arbeiten werden, nach den ersten Tests mit Live-Mikrofonen grünes Licht gaben. Inzwischen haben wir schon einige Konzerte mit der Anlage gemeistert und sind sehr zufrieden. Auf einer Meyer-Sound PA hört man kleinste Details und muss immer sein Bestes geben, denn man hört eben auch, wenn ein Mix nicht so gut geraten ist.

Wenn aber die Musiker gut sind und der Mix stimmt, klingt so eine Anlage wie keine andere - Perfekt! Beim Filmfest beispielsweise hatten wir Klavier, Violine und Perkussion mit drei Musikern als Begleitung für einen Stummfilm auf der Bühne, alle Instrumente mit Schoeps-Mikrofonen abgenommen: Das klang sehr schön, ganz easy. Und obwohl die Musiker auf der Vorbühne positioniert waren, also quasi vor der PA, gab es überhaupt keine Probleme mit Rückkopplungen. Da der Saal eine relativ trockene Akkustik besitzt, hat man als Toningenieur den Eindruck, in einem überdimensionalen Studio unter idealen Abhörbedingungen zu mischen.

Mit der Entscheidung für Meyer-Sound, das zeichnet sich jetzt schon ab, lagen wir auf jeden Fall richtig und wir hoffen, dass viele Veranstalter aus München feststellen, dass der Carl-Orff-Saal eigentlich der bestklingendste Saal seiner Größe in ganz München ist.

DieReferenz: Ein hohes Ziel, aber nach den Hörproben vorhin bestimmt nicht vermessen.