Ursprung des Klangs

04.12.2012

Die von Sennheiser, Neumann und Lawo/Innovason initiierte Roadshow machte beim Blechblasinstrumenten-Hersteller B&S Station.

In den an Wald und Wasser reichen Tälern des sächsischen Vogtlandes werden seit mehr als 350 Jahren hochwertige Instrumente hergestellt. Stolzes Mitglied der Instrumenten-bauergilde ist die B&S GmbH, die sich der Produktion hochwertiger Blechblasinstrumente verschrieben hat - exzellente Ansprache, ausgefeilte Intonation und ein vollendeter Klang werden weltweit von Profimusikern wie ambitionierten Laien geschätzt. Am 13. Juni 2012 machte die von Sennheiser, Neumann und Lawo/Innovason initiierte Seminar-Roadshow „Ursprung des Klangs“ in Markneukirchen Station. Gastgeber war B&S als weltbekannter Hersteller von Blechblasinstrumenten.

Vom Rohstoff zum Instrument
„Ein Blechblasinstrument ist ein Loch mit Metall drum herum!“ Mit dieser Definition bringt Matthias Krüger die Teilnehmer zum Schmunzeln, doch schon auf den ersten Metern der Werkführung wird klar, dass der herausragend gute Klang eines Qualitätsinstrumentes wohl doch nicht derart simpel zu erklären ist. Krüger ist Einkaufsleiter bei B&S und darüber hinaus mit dem Qualitätsmanagement befasst – er kennt sämtliche Aspekte der Fertigung bis ins Detail und kann sich als langjährig aktiver Musiker ein Urteil über das Klangverhalten erlauben.

In den weitläufigen Hallen werden schwere Hämmer von versierten Händen geführt, lodernde Gasflammen sorgen fachkundig eingesetzt für die erwünschte Formbarkeit des Metalls, galvanische Bäder in Wannen beachtlicher Größen veredeln die Instrumentenoberflächen, und auch die Polierung gestaltet sich als Arbeitsprozess weit weniger feingeistig, als manche Besucher vielleicht gemutmaßt haben. Unablässig wird werktags bei B&S ab den frühen Morgenstunden gelötet, gedrückt, gebogen, geglättet, geschliffen, verdichtet und gehärtet. Hand-Werk in der wahrsten Bedeutung des Wortes ist im Werk zu erleben, und nur wenige computergesteuerte Drehmaschinen konzentrieren sich in einem eng umrissenen Areal.

„Alle Bauteile, die klingen sollen, müssen konsequent von Hand gebaut werden. Teile, die funktionieren müssen, sollten so exakt wie möglich von Maschinen gefertigt werden“, fasst Matthias Krüger das Credo von B&S in zwei Sätzen zusammen.

Interessanterweise wird dem zur Fertigung herangezogenen Rohmaterial hinsichtlich der finalen Klangeigenschaften des Instruments zwar eine erhebliche, aber nachrangige Bedeutung beigemessen. Von herausragender Relevanz ist laut Krüger hingegen die so genannte „Mensur“: Der Begriff bezeichnet die Relation zwischen Rohrlängen und Rohrdurchmessern in den unterschiedlichen Segmenten des Blechblasinstrumentes - die Auslegung dieser Verhältnisse entscheidet maßgeblich über Klang, Ansprache und Intonation.

Posaune trifft Zitrone
Beeindruckt von den frisch gewonnenen Einblicken und einer Blaskonzertbegrüßung durch das stilecht im Blaumann angetretene Werkorchester begaben sich die Teilnehmer in den B&S-Seminarraum. Matthias Krüger beantwortete hier fachkundig Fragen und klärte nicht nur über die vier Hauptgruppen der Blechblas-instrumente (Trompete, Posaune, Tuba, Horn) auf, sondern wies auch auf die bezüglich der Tonbildung enge Verwandtschaft zur menschlichen Stimme hin.

Konstruktive Details wie die Unterschiede zwischen Halb- und Ganzinstrumenten kamen ebenfalls zur Sprache, und Krüger betonte, dass die Entwicklung der Instrumentengattung lange noch nicht abgeschlossen sei: Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde ein Patent auf die von Komponisten zunächst argwöhnisch beäugten Ventile angemeldet, welche die Möglichkeiten der bis dato verwendeten Naturhörner deutlich erweitern. Unter Blechbläsern wird laut Krüger ein beinahe sportlich zu nennender Ehrgeiz kultiviert, dem eigenen Instrument immer höhere Töne zu entlocken – körperliche Fitness ist hierfür sicher nicht von Nachteil.

B&S-Mitarbeiter Martin Herrmann gab im Anschluss einige kurze Klangpassagen auf der Posaune zum Besten und brachte auch die Auswirkung unterschiedlicher Dämpfertypen zu Gehör. Diplom-Tonmeister Marcel Babazadeh erläuterte, wie Mikrofone als Schallwandler zu einer wünschenswerten Klang(ver)wandlung führen können und fragte die Blasinstrumentenexperten nach Störgeräuschen, die bei Orchesteraufnahmen oft unmittelbar nach einem Posaunensolo zu vernehmen sind.

Des Rätsels Lösung: Durch kollektives Fußscharren zollen die Musikerkollegen dem Posaunisten Respekt für die erbrachte Leistung! Eine beliebte „urban legend“ wusste Badazadeh daran anknüpfend im praktischen Versuch zu entzaubern: Des Tonmeisters herzhafter Biss in eine frische Zitrone führte keineswegs zu einer Einschränkung der Spielfreudigkeit des ihm dabei zuschauenden Posaunisten, wenngleich Martin Herrmann im Nachgang lächelnd einräumen musste, dass er sich „schon ein wenig mehr als üblich“ konzentriert habe.

Mundorf, Mikrofone, Messungen
Am Nachmittag ließ Thomas Mundorf die Seminarteilnehmer an seinem umfangreichen Wissensschatz teilhaben. Mundorf ist in der Audiobranche als Systemspezialist mit Faible für anspruchsvolle Beschallungsaufgaben weithin bekannt - weniger publik ist, dass der langjährig erfahrene Tonfachmann häufig auch hinter dem Mischpult anzutreffen ist, was gleichermaßen für Live-Konzerte wie für Studiosessions gilt.

Physikalischen Erfordernissen und künstlerischen Ansprüchen möchte Mundorf bei seiner Arbeit ex aequo Genüge tun: „Ich finde es wenig sinnvoll, je nach persönlichem Hintergrund ausschließlich in Formanten oder in Frequenzen zu denken - die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen! Als Soundspezialisten machen wir zwar einen technischen Job, der aber im Grunde genommen der Kunst dient - deshalb sollte man beide Denkweisen berücksichtigen.“

Zu seinem Herangehen an die Abbildung klassischer Instrumente im Orchester befragt, brachte Mundorf zunächst sein zentrales Anliegen plakativ auf den Punkt: „Es muss plausibel klingen!“. Visueller und akustischer Eindruck müssen laut Mundorf harmonieren, weil Konzertbesucher eine Aufführung sonst unterbewusst als nicht stimmig erleben – ein klarer Richtungsbezug ist in diesem Zusammenhang ebenso wichtig wie ein Abfall hoher Frequenzen auf weiter entfernten Sitzplätzen.

Eine der Realität nahe kommende Tiefenstaffelung bei der elektroakustischen Wiedergabe liegt Mundorf besonders am Herzen: „Bei der Arbeit mit einem klassischen Orchester möchte auf gar keinen Fall auf drei vernünftige Stereo-Hallgeräte verzichten. Bei einer Abnahme mit Mikrofonen stehe ich vor dem Problem, dass sich jedes Mikro ungefähr im gleichen Abstand zur Schallquelle befindet – höre ich mir das Orchester dagegen unverstärkt im Zuschauerraum an, kommen akustisch viele unterschiedliche Abstände zum Tragen.

Diesen natürlichen Höreindruck mit seiner komplexen Mischung aus Reflexionen und Nachhall sowie der resultierenden räumlichen Tiefe muss ich als Tonmann sozusagen auf einer „flachen Wand“ - nämlich der Lautsprecherebene - irgendwie nachbilden. Dafür bevorzuge ich hochwertige Hallgeräte mit Algorithmen, bei denen ich Zugriff auf sämtliche wichtigen Parameter habe.“

Erwartungsgemäß kam Mundorf während seines Vortrags auf vielfach geäußerten Wunsch nicht umhin, über seine umfangreichen Erfahrungen beim Einsatz moderner Messtechnik zu berichten: „Persönlich bin ich der Meinung, dass man im Bereich Beschallung auf Messtechnik nicht verzichten kann“, so Mundorf. „Die wichtigen Dinge, die bei der Interaktion zwischen mehreren Lautsprechern passieren, finden im Zeitbereich statt und sind mit den Ohren nicht zu erfassen - das gilt nicht unbedingt für einzelne Lautsprecher, aber wenn es darum geht, viele Einzelkomponenten zu einem großen zusammenspielenden System zu verbinden, kommt man um objektive Messwerte und deren korrekte Interpretation nicht herum!“

Nuancierte Dynamik mit Sennheiser
Zur Mikrofonierung der Posaune setzte Thomas Mundorf, der für orchestrale Aufgaben nach eigenen Worten insbesondere Kleinmembranmikrofone schätzt, das modular aufgebaute Neumann Mikrofonsystem KM D ein, welches als Weiterentwicklung der erfolgreichen KM 100-Serie gilt. Das „D“ im Produktnamen weist auf eine digitale Ausgangsstufe gemäß AES 42-Standard hin; ein analoges Pendant ist ebenfalls verfügbar.

Die digitale Ausgangsstufe wandelt das von der Kapsel abgegebene Signal mit einer Wortbreite von 24 Bit ins AES/EBU-Format. Ein integrierter DSP ermöglicht die Fernsteuerung von Funktionen wie Gain, Vordämpfung und Trittschallfilter. Ein integrierter Peak-Limiter sowie ein Kompressor/Limiter mit zusätzlicher De-esser-Funktion verhindern Übersteuerungen. In Markneukirchen waren die Ausgangsstufen mit Kapseln des Typs KK 184 (Niere) bestückt; im „echten Leben“ setzt Thomas Mundorf nach eigener Aussage auch sehr gerne Kapseln mit kugelförmiger Richtcharakteristik ein.

Ist im Rock/Pop-Kontext eine Nahmikrofonierung direkt am Trichter des Instruments gefragt, bietet sich für Blechblasinstrumente als Alternative eine Clip-on-Lösung von Sennheiser an: Das Modell e 908 B wird mit der praktischen Schalltrichterklammer MZH 908 B geliefert, welche dank eines langen Mikrofonarms die flexible Positionierung der gegen Körperschall speziell geschützten Kondensatorkapsel begünstigt. Ein geringes Gewicht von lediglich 140 Gramm erfreut den Instrumentalisten, zumal auf Wunsch ein drahtloser Betrieb mit Taschensendern der evolution-Serie möglich ist.

Ties-Christian Gerdes, Geschäftsführer der Sennheiser Vertrieb und Service GmbH & Co. KG: „Mit Lösungen aus den breit gefächerten Angeboten von Sennheiser und Neumann lassen sich bei der Abnahme von Blechblasinstrumenten sämtliche Klangnuancen optimal in fein abgestufter Dynamik abbilden – selbst sehr hohe Pegel stellen kein Problem dar. Seit mehr als 60 Jahren sind unsere Mikrofone ein Synonym für den perfekten Sound, und wie bei den Instrumenten von B&S ist unsere Leidenschaft für guten Klang in jedem unseren Produkte zu hören!“

Win-win-Konstellation
Am späten Nachmittag ging in Markneukirchen ein ereignisreicher Tag zu Ende, dessen Gestaltung nicht nur von den Teilnehmern, sondern auch von Referent Thomas Mundorf explizit gelobt wurde: „Ich finde es gut, dass im Gegensatz zu anderen Seminaren die Musiker mit am Tisch sitzen und sich nicht nur die Techniker miteinander unterhalten – in einer solchen Konstellation können beide Seiten sehr viel lernen. Wer die Zeit für einen Besuch beim „Ursprung des Klangs“ aufbringen kann, sollte unbedingt eine der verbleibenden Veranstaltungen besuchen - man nimmt hier interessante Eindrücke mit, die man sonst nie erhalten würde!“
 

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