Der "Opus - Deutscher Bühnenpreis" geht in diesem Jahr an „Dionysos Stadt Open Air“. Einen Sonderpreis gibt es für „Woodkid @ ZDF Magazin Royale“. Verleihung am 28.04.2022 auf der Prolight + Sound.
Der Opus ehrt in diesem Jahr zwei Projekte, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und doch beide im Geiste eines kreativen Umgangs mit den Herausforderungen der Krise stehen.
Das „Dionysos Stadt Open Air“ zeigte im vergangenen Sommer, wie mit Mut zum Risiko beeindruckende Kunst- und Kulturerlebnisse auch in Zeiten harter Restriktionen umsetzbar sind.
Von einem realen Auftritt kaum zu unterscheiden: Woodkid @ ZDF Magazin Royale (Foto: ZDF).
Technologisches Neuland betraten die Schöpfer des Projekts „Woodkid @ ZDF Magazin Royale“: Ihnen ist es gelungen, mittels komplexer Photogrammetrie-Prozesse eine Augmented-Reality-Version des Künstlers für einen gemeinsamen Auftritt mit dem RTO-Ehrenfeld im Studio erscheinen zu lassen. Für diese besondere Leistung prämiert die Jury das TV-Ereignis mit dem neu geschaffenen Sonderpreis „Opus AVantgarde“.
Der Opus gilt als einer der renommiertesten Auszeichnungen für herausragende Bühnenprojekte. Die Preisverleihung findet am 28. April 2022 im Rahmen der Prolight + Sound statt.
Die Fachmesse in Frankfurt am Main läutet vom 26. bis 29. April 2022 die Saison für internationale Branchenevents rund um Medien- und Veranstaltungstechnik ein und präsentiert Produkte und Lösungen hunderter Aussteller.
Dionysos Stadt Open Air: Kultur trotzt allen Bedingungen
„Dionysos Stadt Open Air“ im Ambiente des Freilicht-Theaters „Sommerbau“ (Fotos: Jörg Baumann).
Einen fast zehnstündigen Theatermarathon erlebten Kulturfans im Kaiserlei-Viertel zwischen Frankfurt und Offenbach im Juli 2021. Die umjubelte und vielfach ausgezeichnete Inszenierung der Münchner Kammerspiele von Regisseur Christopher Rüping begeisterte in einer extra für das spektakuläre Freilicht-Logentheater „Sommerbau“ angepassten Version, initiiert und produziert von dem Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm.
In beeindruckendem Ambiente ermöglichte die von der Architekt*innen- und Künstler*innengruppe „raumlaborberlin“ entworfene, temporäre Spielstätte auch unter strengen Hygiene-Auflagen größere Publikumsveranstaltungen nach Monaten des Lockdowns.
Rund 350 Besucherinnen und Besucher fanden im Sommerbau Platz – davon 200 in überdachten Zweier-Logen auf drei Etagen. Beim Entwurf des Sommerbaus spielte „raumlaborberlin“ mit geometrischen Formen und ästhetischen Möglichkeiten. Sie erschufen einen Rundbau mit sechs Ecken und drei mächtigen Seitenflügeln, der in der Mitte eine große, über 25 Meter durchmessende Arena entstehen ließ.
Außergewöhnlich präsentierte sich nicht nur der Ort des Geschehens, sondern auch die Aufführung als solche. Mit acht Schauspielerinnen und Schauspielern in teils mehreren Rollen spannte „Dionysos Stadt Open Air“ den Bogen der Götter-, Helden- und Menschheitsgeschichte von Zeus und Prometheus über Achill, Helena, Kassandra und Elektra bis ins Hier und Jetzt.
Die ungewöhnlichen Gegebenheiten verlangten dem Team einige Workarounds ab. So gab es im Sommerbau beispielsweise keinen Schnürboden, weshalb ein Kran in die Inszenierung eingebunden wurde – etwa, um Prometheus‘ Käfig in die Arena hinabzulassen und emporzuziehen. Darüber hinaus konnten Lichtstimmungen aufgrund des Open-Air-Charakters erst in den späten Abendstunden realisiert werden. Umso mehr lag es in der Verantwortung der Akteure auf der Bühne, die Aufmerksamkeit und Begeisterung des Publikums über die vielen Stunden der Mammut-Inszenierung aufrecht zu erhalten, was auf eindrucksvolle Weise gelang.
Die Jury des Opus lobt "Dionysos Stadt Open Air" als außergewöhnliches Gesamterlebnis. Das Projekt stelle unter Beweis, dass kulturelle Höhepunkte auch unter den herausforderndsten Umständen realisierbar sind, wenn viele Hände an einem Strang ziehen. Die Verantwortlichen seien sowohl mit der Errichtung der temporären Spielstätte als auch mit der Auswahl des herausfordernden Stoffes ein hohes Risiko eingegangen, das sich am Ende glanzvoll ausgezahlt habe.
„Opus AVantgarde“ für Woodkid @ ZDF Magazin Royale
Die Show von Moderator Jan Böhmermann hat bereits in der Vergangenheit durch technisch beeindruckende Video-Tricks auf sich aufmerksam gemacht. Vielen in Erinnerung geblieben ist etwa die Satire um den angeblich gefälschten Mittelfinger-Ausschnitt des griechischen Politikers Yanis Varoufakis.
Ein aufsehenerregendes Projekt folgte im Corona-Winter 2020: Aufgrund des Lockdowns in Paris konnte ein geplanter Auftritt des Musikers Woodkid im Studio des ZDF Magazins Royale nicht stattfinden.
Unter Leitung von Creative Producer Constantin Timm entschieden sich die die Verantwortlichen der „Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld GmbH“ zu einer hochkomplexen und bisher in dieser Form nie umgesetzten Lösung: Mittels eines aufwendigen Photogrammetrie-Verfahrens ließ sich der Künstler in einem Greenstudio in Frankreich aufzeichnen.
So entstand ein 3D-Modell, das mit Hilfe der ursprünglich für die Computerspiele-Entwicklung programmierten Unreal-Engine als virtuelle Szene bearbeitet wurde. Diese fügten die Spezialisten des Solinger Studios „von | Berg“ anschließend mit dem Bild aus dem für Augmented-Reality-Effekte vermessenen Aufnahmestudio in Köln zusammen.
Eine besondere Herausforderung bestand in der minutiösen Synchronisation der Lichtstimmung zwischen dem Studiobild und der virtuellen Unreal-Umgebung. Nur so konnte für die Zuschauer*innen eine perfekte Immersion entstehen – und ein stimmiges Gesamtbild, das kaum von einem realen Zusammenspiel am gleichen Ort zu unterscheiden ist.
Die Jury lobt den bahnbrechenden Ansatz, den die Verantwortlichen wählten, um den Eindruck des Live-Auftritts eines internationalen Künstlers zu Corona-Zeiten perfekt zu machen. Das Verfahren könne auch zukünftig als Möglichkeit dienen, musikalische Performances zu konservieren und im digitalen Raum zu rekreieren.
Woodkid @ ZDF Magazin Royale erhält als erstes Projekt den neu geschaffenen Sonderpreis „Opus – AVantgarde“. Dieser prämiert Arbeiten abseits der klassischen Bühnendarbietung, die aktuelle technologische oder inszenatorische Trends auf zukunftsweisende Art abbilden.