An vielen Theatern in Deutschland ist die Video-Abteilung nebenbei und irgendwie entstanden. Oft aus der Ton-Abteilung, einer hat sich schlau gemacht … An den Münchner Kammerspielen war das nicht anders. Egon Schweiger heißt der Mann, eigentlich vom Ton her kommend, seit 25 Jahren am Haus, nachdem er bei Rohde & Schwarz Elektromechaniker gelernt hatte – ein Mann der Praxis und mit allen Wassern gewaschen.
Inzwischen ist man aber schon den nächsten Schritt gegangen und hat sich mit Nicolas Hemmelmann einen richtigen Profi ins Team geholt. Hemmelmann hat in Hamburg Medientechnik studiert und danach über ein Praktikum am den Einstieg ins Theater geschafft. Nach einiger Zeit am Hamburger Schauspielhaus bewarb er sich auf den Posten des Leiters der Videoabteilung in München und wurde trotz älterer und erfahrenerer Mitbewerber 2006 auch tatsächlich eingestellt. Wenn Hemmelmann in der Kantine des eben grundsanierten Hauses davon erzählt, staunt er offenbar selbst noch immer.
Es gibt drei Festangestellte am Münchner Vorzeigetheater an der Maximilianstraße, und teilweise wird die Abteilung durch Praktikanten unterstützt, meist Studenten der Medien- oder Theatertechnik. Dazu gibt es noch einen jungen Mann, der dort ein freiwilliges Soziales Jahr ableistet.
Das Thema Video auf der Bühne reicht an den Münchner Kammerspielen zurück bis ins Jahr 1995, als Licht-Chef Max Keller für eine Produktion einen großen Barco-Projektor beantragte, der damals mit rund 100.000 Mark zu Buche schlug. Heute steht das Gerät auf der Probebühne, sollte eigentlich 10.000 ANSI-Lumen haben, „aber es kommen nur noch 800 raus“, klagt Hemmelmann.
Mittlerweile gibt es zwölf Projektoren im Kammerspiel-Fundus, die auch alle ständig irgendwo im Einsatz sind auf einer der drei Spielstätten, von denen jeden Abend mindestens zwei bespielt werden. Hemmelmann und sein Team setzen dabei auf Eiki-Projektoren, die LC X1100 mit 4.100 ANSI-Lumen und jetzt auch die neuen LC X71 mit 5.500 ANSI-Lumen. Größere Geräte sind schon auf Grund des denkmalgeschützten Theaterraums und der entsprechenden architektonischen Gegebenheiten nicht einsetzbar. Es fehlt schlicht der Platz.
Die Entscheidung fiel auf Eiki, weil diese Projektoren im Vergleich die leisesten Geräte waren, auch wenn die neuen Modelle im Vergleich zu den älteren lauter geworden sind, wie Hemmelmann erklärt. Das heißt auch, dass ein Aufstieg in die größere Klasse schon wegen der Lüfterlautstärke nicht möglich ist. Die aktuellen Geräte haben etwa 30 dB an Geräuschentwicklung, die nächst größere Klasse liegt schon bei 45.
Die bisher aufwendigste Produktion in Sachen Video hatte eben Premiere: „Der Sturm“. Regisseur Stefan Pucher hat sich mit der Bühnenbildnerin Barbara Ehnes zusammengetan und eine ebenso frische wie spannende Inszenierung hingekriegt. Für den Video-Content holten sich die Münchner Kammerspiele den in Berlin lebenden Video-Künstler Chris Kondek ins Haus, einen der „beliebtesten Video-Künstler derzeit an deutschen Bühnen“, wie Hemmelmann betont.
Man kann verstehen warum, denn Kondek hat hier sein Meisterstück abgeliefert: Ganze Szenen wurden ausgelagert in die großformatigen Videos, die da über das Bühnenbild rauschen. Mal ist’s das Meer als Hintergrund der Geschichte, mal sind’s die Protagonisten in Rückblenden, in Gedanken, Ängsten, Träumen. Hier öffnet Video eine neue Ebene des Erzählens, vergleichbar vielleicht der Methode der Rückblende im Film.
Kondek hat viel mit Bluebox-Technik gearbeitet. Da gibt es viele Verweise auf alte Filme, als diese Technik noch nicht ausgereift war. Man zeigt immer auch „Making of“-Specials, mal auch eine Klappe, die geschlagen wird.
Dabei kommen ein LC X71 und drei LC X1100 zum Einsatz. „Im Zuschauerraum können wir nur die 1100er verwenden, weil die Neuen schlicht zu laut sind. dB-mäßig ist es angeblich das selbe, aber es ist einfach ein penetranteres Geräusch. Da ist unser Intendant empfindlich und die Zuschauer wohl auch. Und der Raum reflektiert Geräusche so ungünstig, dass es einfach nicht geht“, erklärt Hemmelmann. Also werden die Geräte im deutlich leiseren ECO-Mode betrieben -dadurch reduziert sich die Lichtausbeute nochmal um 20 Prozent „Da würde jeder im Show-Bereich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber wir haben eben keine andere Chance“, bedauert Hemmelmann.
Hier muss denn auch das Licht Rücksicht nehmen, denn die vielen HMI-Scheinwerfer, wie Max Keller sie gern einsetzt, sind einfach zu hell. „Wenn Keller da fünf 2-KW-HMI-Scheinwerfer reinhängt, sieht man von uns einfach nichts mehr.“
Nun hat die Video-Abteilung allen Grund, sich mit den Kollegen vom Licht gut zu stellen. So können die Lichtler über DMX kleinere Video-Cues mit steuern und sparen so jemandem den Abendeinsatz. Außerdem steuert das Licht auch die Shutter vor den Projektoren, was man beim Video gern selbst übernehmen würde. Dazu sollen Ethernet DMX-Interfaces in die vorhandene Mediensteuerung eingebunden werden Diese Lösung erfordert jedoch noch etwas Planungsarbeit und wird erst in einigen Monaten einsatzbereit sein. Derzeit braucht man auch bei reinen Video-Stellproben auch immer jemanden vom Licht.
Generell kommt Video heute im großen Haus der Münchner Kammerspiele bei etwa der Hälfte der Stücke zum Einsatz, in den beiden kleineren Spielstätten eigentlich bei jedem Stück. Dort probieren sich junge Regisseure, die Arbeit hat Projekt-Charakter, man erarbeitet sich die Stücke selbst. Hier wird auch mehr experimentiert: So schiebt beispielsweise ein Schauspieler einen Einkaufswagen, aus dem auf ihn selbst projiziert wird.
Das macht die Video-Abteilung
+ Inspiziententechnik also Mitschaumonitore, Mitschnitte von den Premieren
+ Archivierung der Stücke für Fernsehsendungen und Trailer, also Werbevideos
+ Aufbau und Betreuung von Proben und Vorstellungen
Daten und Fakten
Projektion
4x EIKI LC-X1100 - 1 Gerät fest am Rang
2x EIKI LC-X71
1x EIKI LC-X50
1x EIKI LC-X60
Diverse kleinere Projektoren
Im Haus gefertigte Aufhängungen
Adressierbare DMX-Shutter von Wahlberg und Spezialanfertigungen von Tito Knapp aus Berlin
Projektionsfolien in verschiedenen Größen und Qualitäten.
Wechseloptiken
2 x WW Festbrennweite, Faktor 0.8 (Entfernung/Bildbreite)
4 x WW Zoom, Faktor 1.3 - 1.82
4 x Standard Zoom, Faktor 1.8 - 2.35
2 x Tele Zoom, Faktor 2.35 - 4.2
Verkabelung
Flexibles System von BNC-Versätzen (FBAS, teilweise adaptiert auf Y-C)
YUV oder DVI über LWL-Wandler von Fiberlink möglich
VGA Anschluss über 25 m Verlängerungen
Zuspielung
Aus dem Technikraum Bühne rechts, Höhe 2. Galerie
Bühnentotale über Inspizienten-Kamera
Platzierung im Zuschauerraum nur eingeschränkt und mit vorheriger Planung möglich
1 x Mixer 4 In / 2 Out Panasonic WJ-MX70
3 x Pioneer DVD DV7300
1 x Kreuzschiene 6 x 6 Kramer VP66
Medienserver TH-S VideoEngine
5x DVI Out auf MacPro mit 1TB Speicher, Final Cut Studio
Virtua Stage von spiritec
Programmierbare RS232-Steuerung über zentralen, redundanten Server
Ähnliche Technik für die Bühnen Werkraum und Neues Haus
Studio
Separater Raum mit
Adobe Production Studio CS3 auf MacPro, 2 GB RAM
Final Cut Studio 5.1 auf Powerbook G 4 17“, 1,5 GB RAM, 150 GB HDD
S-VHS Kopierstation Panasonic
Kameras
Spielbetrieb:
10 x Consumer Camcorder miniDV Panasonic/Canon 3CCD und JVC/SONY 1CCD
Panasonic Studiokamera WV-F250 3CCD auf Sachtler-Rollstativ
Diverse Minikameras
Content Produktion:
Sony DVCAM DSR-PD150 mit Weitwinkel-Vorsatz, Ambient TinyMike, Gekko K-lite